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ORTSGESCHEHEN

Wenn man aus den Schulden nicht mehr raussieht...

Wenn man aus den Schulden nicht mehr raussieht...

Ihr zehnjähriges Bestehen feiert die Schuldnerberatung der Nachbarschaftshilfe. Ins Leben gerufen wurde der soziale Service von Karin Schulze, die das Angebot seither auch betreut.
1982 bis 2002 war Schulze, die 28 Jahre auch für die SPD dem Gemeinderat angehörte, als selbständige Steuerberaterin in Oberschleißheim aktiv gewesen. „Ein bisserl was wollte ich ja noch tun“, erzählt sie über ihren Aufbruch in den Ruhestand. Mit das schwierigste an der Schuldnerberatung aber war ihre Etablierung. Die Bezirksregierung, die derartige Einrichtungen als handlungsfähigen Partner inmitten des Insolvenzrechtes anerkennen muss, verweigerte das Plazet, weil Schulze ehrenamtlich tätig sein wollte.
Ein ganzes Jahr lang mussten Schulze und die Nachbarschaftshilfe die Behördentour reiten, bis ihre 20 Jahre Berufserfahrung und die dabei erworbenen Qualifikationen als ausreichend für eine ehrenamtliche Beratung anerkannt wurden. Im Januar 2004 konnte die Schuldnerberatung Oberschleißheim starten.
Wenn ein Klient zu Karin Schulze kommt, ist vor der formellen Einleitung einer Verbraucherinsolvenz zunächst ein außergerichtlicher Einigungsversuch zu unternehmen. Die Schuldnerberaterin muss sich zumeist vordringlich mal „durch einen Wust von Papieren durcharbeiten“, schildert sie, und „die tatsächliche Situation erfassen". In derartigen Stadien der finanziellen Überforderung sei „der Verdrängungsprozess sehr stark ausgeprägt“, und das führe dann dazu, dass die Schuldner „meist nicht in der Lage sind, befriedigende Aufstellungen zu machen“.
Bis zu zehn Fälle im Jahr betreut Schulze in vielfältigen kleinen Arbeitsschritten bis zum Abschluss des Verfahrens, Dutzende Gläubiger sind zu kontaktieren, Papierkram mit Behörden und Gericht zu führen. Rund 80 Prozent der Fälle landen bei der Verbraucherinsolvenz. Kommt es zuvor zum außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan, so ist ein Treuhandkonto zu führen, das Schulze über Jahre zu verwalten hat. Beim Insolvenzverfahren ist sie ebenfalls zu meist noch über Jahre beteiligt.
Weitere rund 20 Fälle pro Jahr sind mit einer Beratung ohne formelle Verfahren abgetan. Als häufigste Ursachen für den Schuldenstrudel erlebt sie Familientrennungen und plötzliche Arbeitslosigkeit, verbunden mit teueren Handyverträgen oder unbedachten Internetkäufen.
Mit der Schuldnerberatung hat sich Schulze für den Ruhestand ein Metier ausgesucht, „das nicht so ein Erfolgserlebnisse“ biete, gleichwohl sieht sie es als „wertvollen Service an der Gesellschaft“. Für sie sei es „schon eine Freude, wenn jemand durchhält“, die zumeist sechsjährigen Schuldentilgungspläne zu erfüllen. Interessant an der ehrenamtlichen Dienstleistung findet sie vor allem „den Umgang mit Menschen“, erzählt sie, „man lernt immer wieder was Neues dazu“.
Seit zwei Jahren hat Schulze nun Irene Bogdain (im Bild v. li.) als Assistentin angelernt. Sie könnte nun selbstständig Schuldnerberatungen leisten. Noch aber denkt Karin Schulze nicht ans aufhören. Pünktlich zum Jubiläum ist die Schuldnerberatung mit der Verwaltung der Nachbarschaftshilfe an den Margarethenanger 1 umgezogen. Sprechzeiten sind immer dienstags von 9 bis 12 Uhr und donnerstags von 16 bis 20 Uhr, telefonische Voranmeldung (315 67 663) ist wegen der besonderen Diskretion notwendig.


24.02.2014    |    Ihre Meinung dazu...    |    nach oben    |    zurück

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